Bernhard Langs Oper HIOB wird am 09. Februar 2023 am Stadttheater Klagenfurt uraufgeführt. Regisseur und Librettist Michael Sturminger erzählt im Interview über seine Zusammenarbeit mit dem Komponisten, die Herausforderungen beim Dramatisieren eines Stoffes und vom Stellenwert von Religion in der heutigen Zeit.
HIOB erzählt die Geschichte von der Flucht aus unerträglichen Lebensbedingungen und der Hoffnung auf bessere Möglichkeiten, von den Fesseln der Tradition und den Verlockungen neuer Welten. Wie darf sich unser Publikum die Überführung dieser großen Themen in musikalische Bilder vorstellen?
Michael Sturminger: Mit der Musik von Bernhard Lang wird aus Joseph Roths Meisterwerk Hiob eine zeitlose Oper, wie sie nicht aktueller sein könnte. Durch Langs Bearbeitung löst sich die Geschichte aus der Historie auf eine abstrakte Ebene, die zu jeder Zeit angesiedelt sein könnte. Aus einem, in der heutigen Ukraine gelegenen jiddischen Städtchen, wo Armut und Angst vor Progromen sowie die Rekrutierung der jungen Männer in die Armee des Zaren den orthodoxen Juden das Leben unmöglich macht, flieht Mendel Singer, unter Zurücklassung zweier Söhne, mit dem Rest seiner Familie bis nach Amerika, einem Land, dessen Fortschritt er nicht versteht und das ihm niemals Heimat werden kann. Bernhard Langs Version, dieser »Geschichte eines einfachen Mannes«, ist von der Gegenwart inspiriert und erzählt von Biografien, wie sie heute tausendfach erlebt werden. Lang verwendet Klezmer, Volkslieder und ein Jazz-Trio bestehend aus Schlagzeug, Bass und Keyboard, um die verschiedenen kulturellen und geografischen Welten aufeinandertreffen zu lassen.
Auf welche Herausforderungen sind Sie und Bernhard Lang bei der Komposition der Oper gestoßen?
Die große Herausforderung bei der Dramatisierung eines Romans ist die Verwandlung eines großen, epischen Bogens in eine verknappte, dramatische Form. Im Musiktheater führt das noch zu einer Abstraktion, denn die Sprache wird verknappt und die Handlung wird auf ihre zentralen Wendepunkte konzentriert. Das ist ein fast schmerzhafter Reduktionsprozess, der den Librettisten zwingt, sich von zahlreichen geliebten Gedanken und Geschehnissen zu trennen.
Gibt es Aspekte in der jahrtausendalten Geschichte von Hiob, die sich Ihrer Ansicht nach musikalisch feiner herausarbeiten lassen, als Sprache alleine es schafft?
Die Bearbeitung eines Stoffes für das Musiktheater zielt im Kern auf die energetische und emotionale Aufladung der Geschichte, wie sie keine andere Kunstform schaffen kann. Die dramatische Wucht, die Musik in Kombination mit Text und theatralischer Handlung erzielen kann, ist ja ein lebendiges Wunder, das man durch die Kulturgeschichte von der Renaissance bis in die Gegenwart, von Claudio Monteverdi bis Bernhard Lang bestaunen kann, ohne dass die Zeit echte Meisterwerken ihrer Wirkung berauben könnte.
Welche Stellenwert hat Ihrer Meinung nach in diesen, oft sehr herausfordernden, Zeiten der Glaube? Vermag er es auch heute noch, für die Menschen Tröster, Erretter und Erlöser zu sein?
Meine Beschäftigung mit dem Glauben, die aktuell im Zusammenhang mit der dritten Neuinszenierung des Jedermann in Salzburg wieder in den Vordergrund getreten ist, hat mich im Lauf meines Lebens immer überzeugter zu einem Glauben an die Menschlichkeit und an den Respekt vor allem Leben, aber auch immer weiter von festgeschriebenen Heilslehren und Religion gebracht. Ich hab großen Respekt vor den Leistungen an den Mitmenschen, die viele Vertreter von Religionsgemeinschaften zustande bringen, doch scheint mir die Religion als Phänomen in der Weltgeschichte doch überwiegend zur Unterdrückung von Freiheit und Selbstbestimmung, sowie zur Aufrechterhaltung von Machtstrukturen gedient zu haben.