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30. Oktober 2025

Eine Klangreise an Henrik Ibsens Meer

Fabian Kuss ist Komponist, Sound-Designer und Mitglieder der Band Yeah But No. Am Stadttheater Klagenfurt gestaltete er die Musik zu Henrik Ibsens Die Frau vom Meere in einer Neufassung von Moritz Franz Beichl (Vorstellungen bis 22.11.25). Mit Songtiteln wie Like the Tide oder Fjord nimmt er das Publikum mit ans nördliche Meer. Ab sofort ist die >>Musik zum Stück auch auf Spotify verfügbar.

Szenenfoto: Karlheinz Fessl

Du bist immer wieder als Komponist und Sound-Designer für Theaterproduktionen tätig und hast in Klagenfurt auch die Musik zu Die Frau vom Meere gestaltet, die ab 31. Oktober 2025 auch via Spotify gehört werden kann. Wie sind die einzelnen Tracks zum Stück entstanden? 

Fabian Kuss: Erst einmal habe ich mich mit dem Stück und den Figuren vertraut gemacht, mir ganz klar vor dem Inneren Auge vorgestellt, wie diese Welt aussieht. Ich habe mir vorgestellt, welche Instrumente am besten dazu passen würden. Daraus ergab sich eine »Palette« an Klängen und »Farben« mit der ich anfangen konnte, Musik für die einzelnen Szenen und Übergänge zu denken. Mit dem Regisseur Moritz Franz Beichl habe ich dann konkrete Stellen und Funktionen für die Musik erarbeitet und noch zielgerichteter komponiert.

Wie genau hast du mit Regisseur Moritz Franz Beichl und dem Darsteller und Sänger Nico-Alexander Wilhelm zusammengearbeitet?

Ich hatte am Anfang rohe Skizzen, die ich mit auf die musikalischen Einzelproben mit Nico gebracht habe. Wir haben dann vor allem über die Figur des Seemanns und Verführers gesprochen und dabei festgestellt, dass wir ihm über die Musik und über die Texte, die er singt, eine Dimension geben können, die der Autor Henrik Ibsen gar nicht vorgesehen hat. Ich habe mich dann zwischen den musikalischen Proben an den Text und an die Produktion der Songs gemacht. Beim Erarbeiten mit Nico habe ich ihn gebeten, die Stücke selbst am Klavier zu begleiten.

Wovon erzählen die Lieder Like the Tide, I can´t stop oder Eyes Wide Open?

In Like The Tide hören wir von dem Verführer, von der Traumfigur Elidas, die nun endlich kommen wird, um sie zu holen. Der Seemann ist da noch voller Tatendrang und Entschlossenheit, sein Versprechen einzulösen und sie (Ellida)  »wie die Flut« zu holen. In I Can’t Stop singt der Seemann eher aus der Perspektive Ellidas und beschreibt ihre Rastlosigkeit, ihr Verlangen nach Freiheit und vielleicht auch nach diesem Mann. In Eyes Wide Open hat unser Seemann verstanden, dass er Ellida vielleicht doch nicht so einfach mitnehmen kann und bangt um seinen eigenen Traum mit ihr. Er wird brüchig und verletzlich und zeigt damit eine ganz tief emotionale Seite.

Deine Kompositionen The Shore, Fjord und Under Water verorten das Stück noch zusätzlich. Welche Stilmittel hast du eingesetzt, um das Publikum ans nördliche Meer mitzunehmen? 

Diese Titel sind sogenannte »Underscores«, die dem Stück eine besondere Atmosphäre verleihen. Man findet dort das Rauschen oder das Plätschern des Meeres und man hört richtig, wie alle Instrumente spielen, als wären sie eine Welle oder ein Vogel oder ein Fisch.

Was magst du besonders am Komponieren fürs Theater? 

Ich liebe das Komponieren fürs Theater, weil man so unendlich viele Farben und Formen erfinden kann und weil man dem Stück unweigerlich eine Atmosphäre und Verortung verleiht. Auch bin ich sehr frei in meiner Kunst. Ich muss nicht für den harten Musikmarkt schreiben, sondern kann einfach phantasieren, mit Nicht-Musikern über musikalische Sachen und Handlungen und die Psychologie der Charaktere sprechen und diese Erkenntnisse dann in meine Komposition einfließen lassen. Und ich kann Personen im Stück auf einer emotionalen Ebene ganz viel mitgeben, was im Text nicht steht.

Du hast Jazz- und Populargesang in Leipzig studiert. Warum hast du dich für dieses Genre entschieden?

Ich glaube, mein Zugang zu Jazz und Popularmusik war für mich viel greifbarer als der zur Klassik. Auch habe ich Jazz-Musiker/innen für die Virtuosität und den Einfallsreichtum im Moment der Musikentstehung sehr geschätzt. Jazz-Balladen und Vocal-Jazz haben mich immer sehr berührt. Das wollte ich mir mal genauer angucken und lernen, lernen, lernen.

Seit 2017 veröffentlichst du Musik mit deiner Electronica-Band Yeah But No. Wie habt ihr euren Stil gefunden und wofür steht ihr?

Mit meinem damaligen Bandpartner hatten wir einen Techno-Live-Act mit dem wir über Jahre überall in Europa, in Clubs und auf Festivals unterwegs waren. Wir haben zusammen viel geschrieben und produziert und mussten dabei immer wieder feststellen, dass die dabei entstandene Musik nicht zum »Label« Techno passte. Dafür gab es zu klare Song-Strukturen. Wir überlegten, eine neue Band zu gründen und all unser Songwriting dort hin zu fokussieren. Da so eine Band immer aus einem Kompromiss besteht und wir beide damals sagten, wir entscheiden uns nur für Dinge, wenn wir sie beide auch wollen, war der Bandname Yeah But No sehr schnell geboren.

Wohin führt dich dein nächstes Projekt? 

Yeah But No’s drittes Album wird nächstes Jahr (2026) veröffentlicht. Bis dahin gibt es noch viel zu tun. Mitte Dezember 2025 wird die erste Single rauskommen. In der Zwischenzeit werde ich weiter an Musik für Yeah But No schreiben und auch Theater machen. Am Hans Otto Theater in Potsdam probe ich gerade musikalisch für die Zauberflöte in der Adaption vom Burgtheater in Wien (von Nils Strunk und Lukas Schrenk). Die Premiere ist am 14.03.2026 und wird hoffentlich eine feurige Bearbeitung der Bearbeitung.