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4. Oktober 2022

Er sorgt für den Schauspiel-Zauber am Stadttheater Klagenfurt

Burgtheater, Volkstheater und nun Stadttheater: Hans Mrak (50) ist seit dem Jahr 2019 Schauspieldirektor in Klagenfurt. Nun erfüllt er sich mit der Premiere von Frederico Garcia Lorcas Yerma einen Herzenswunsch.

von Marianne Fischer/Kleine Zeitung

Das Angebot kam zur rechten Zeit: Als Florian Scholz, damals noch Intendant des Stadttheaters, bei Hans Mrak anklopfte, »hat das für mich Sinn gemacht«, erzählt er. Damals war er gerade Dramaturg am Burgtheater Wien und es war schon klar, dass Martin Kušej ans Haus wechseln würde: »Neue Direktoren machen immer einen scharfen Schnitt, sie bringen oft ihre eigenen Leute mit«, erzählt der Tamsweger.

Und weil er »immer nur Gutes vom Stadttheater« gehört hatte, wechselte er nach Klagenfurt, wo er seit dem Jahr 2019 für das Schauspiel-Programm verantwortlich ist. Mit der Premiere von Frederico García Lorcas Yerma erfüllt er sich einen Herzenswunsch: »Die Stücke werden im deutschen Sprachraum selten gespielt, das fand ich immer schon schade«, erzählt er. Am Burgtheater arbeitete er mehrfach mit der Regisseurin Alia Luque zusammen, da war »Lorca immer irgendwie ein Thema. Ich bin fasziniert von Sprache, und Lorcas Kunstsprache hat mich immer an Ödön von Horváth erinnert.« Dessen Figaro lässt sich scheiden hat Mrak letzte Saison auf den Plan gesetzt, Yerma ist so gesehen eine logische Fortsetzung: Ähnlich wie bei Horváth bleiben die Figuren im Sprechen oft sprachlos – auch, weil sie den Zwängen einer katholisch-provinziellen Gesellschaft ausgeliefert sind.

Angefangen hat der 50-Jährige in einem anderen Genre: Nach dem Studium der Theater-Film- und Medienwissenschaften sowie der Amerikanistik in Wien hat Hans Mrak im Bereich Film und Kino gearbeitet und unter anderem eine Frauenfilm-Reihe betreut: »Aber irgendwie war das nicht das Richtige. Als mir eine Hospitanz am Burgtheater angeboten wurde, habe ich gerne angenommen.« Und er ist geblieben. Unter der Intendanz von Nikolaus Bachler konnten die Assistenten (»Wir waren ein tolles Team!«) sich auch ausprobieren, dafür gab es mit den »Spieltrieben« eine eigene Schiene.

Mit Michael Schottenberg ist Mrak dann als Dramaturg ans Wiener Volkstheater gewechselt, aber als es »den großen Crash am Burgtheater gab und Karin Bergmann übernahm, hat sie mich zurückgeholt«, erzählt Mrak. Schon damals hat er Kärntner kennengelernt, und zwar durch die Zusammenarbeit mit Alia Luque an der Uraufführung von Josef Winklers Lass dich heimgeigen, Vater: »Wir waren auch in Kärnten und haben intensiv an den Schauplätzen recherchiert.«

Kritisches Gegenüber

Denn auch das gehört zur Arbeit eines Dramaturgen: Neben dem Erarbeiten eines Spielplans (in Abstimmung mit dem Intendanten), dem Lesen von Stücken oder den Verhandlungen mit Verlagen gehört auch die Begleitung der Inszenierung dazu: »Ich arbeite mit den Regisseuren an der Fassung und bin das kritische Gegenüber bei der Probenarbeit.«
Seine Initialzündung in Sachen Theater hat er übrigens als Jugendlicher bei einem Fest in Hellbrunn erlebt: Da wurde der »Sommernachtstraum« als Stationentheater aufgeführt: »Dabei habe ich gesehen, wie ein Schauspieler in eine Zwiebel gebissen hat, als wäre es ein Apfel. Das hat mich fasziniert, was man alles für das Theater macht.« Und diesem Zauber ist er bis heute erlegen.

 

Hintergrund
Federico García Lorca und Yerma

Er kam als Sohn eines Großgrundbesitzers aus reichem Haus, war katholisch, Republikaner und wurde 1936 in den Wirren des spanischen Bürgerkriegs von Faschisten ermordet: Frederico García Lorca gilt als bedeutendster spanischer Dramatiker des 20. Jahrhunderts. Über seine Ermordung durfte in Spanien lange Zeit nicht gesprochen werden, auch seine Stücke waren verboten. Das Erste, das noch im faschistischen Spanien wieder auf die Bühne kam, war Yerma.
Angesiedelt in einer ländlichen Gegend in Andalusien, erzählt Lorca von einer Frau, die alles Hoffen und Sehnen vergeblich in die Geburt eines Kindes setzt, während ihr Mann vor allem den Besitz mehren will. Und dann ist da noch Victor, ein Jugendfreund von Yerma.
»Das Stück greift die Doppelmoral der Gesellschaft auf, die Bigotterie, aber auch den Feudalismus auf«, sagt Regisseurin Alia Luque. Die Spanierin, die unter anderem Deutsche Literatur studiert hat und seit 2004 im deutschen Sprachraum arbeitet, hat für das Burgtheater die Uraufführung von Josef Winklers Monolog Lass dich heimgeigen, Vater übernommen und dabei auch Kärnten kennengelernt. Nun hat sie gemeinsam mit Hans Mrak und Silja Bächli auch die Neuübersetzung des Stücks erarbeitet – die vorliegenden Übersetzungen »entsprachen nicht dem Lorca, wie ich ihn auf Spanisch lese«, erzählte sie bei der Matinee im Stadttheater: Lorcas Figuren sprechen in einer komplexen, bildgewaltigen Kunstsprache. Verortet ist die Neuübersetzung in Kärnten, der Ehemann heißt nicht mehr Juan, sondern Hans. Nur Yerma bleibt Yerma – schließlich bedeutet ihr Name »Die Brachliegende«.