Home MagazinGeschlechterverwirrungen auf der Eisscholle
21. Februar 2022

Geschlechterverwirrungen auf der Eisscholle

Liebe über die Geschlechtergrenzen hinweg: Georg Schmiedleitner inszeniert William Shakespeares »Was ihr wollt« und verlegt die Komödie dabei auf eine Eisscholle. Die Inspiration dafür holte er sich einst am Weißensee.
von Marianne Fischer / Kleine Zeitung

Die junge Fürstentochter Viola gibt sich nach einem Schiffbruch als Mann aus, verliebt sich in den Herzog, der allerdings in die schöne Olivia verliebt ist und diese wiederum ist bezaubert von dem neuen Liebesboten des Herzogs – nämlich Viola/Cesario. Schmetterlinge im Bauch also reihum und über die Geschlechtergrenzen hinweg. Und so ist die Komödie »Was ihr wollt«, von William Shakespeare vor über 400 Jahren geschaffen, heute noch hochaktuell: »Es geht dabei weniger um Mann und Frau, als um ein schwieriges Thema, das auch schon zu Shakespeares Zeiten diskutiert wurde: Nicht das äußere Geschlecht ist wichtig, sondern wie man sich fühlt. Und damals durften keine Frauen auf der Bühne stehen, das heißt, die Männer übernahmen die Frauenrollen. So gesehen: Ein Mann spielte eine Frau, die sich als Mann ausgab«, sagt Georg Schmiedleitner.

Der oberösterreichische Regisseur inszeniert die Komödie für das Stadttheater Klagenfurt, die Premiere soll am Donnerstag coronabedingt mit einem Jahr Verspätung über die Bühne gehen. »Shakespeare hat die Geschlechterthematik salopp, aber mit Spaß und Tiefsinn aufs Korn genommen«, sagt der 65-Jährige, der ein großer Fan des englischen Theatergiganten ist: »Shakespeare wird von Regisseuren und Schauspielern gleichermaßen geliebt, denn in seinen Stücken gibt es keine Moral mit erhobenem Zeigefinger, sondern man hat viel Freiraum. Die Stücke sind einfach mit einem unglaublichen Theater-Furor geschrieben.«

Neben der Verwirrung der Geschlechter spielt in »Was ihr wollt« auch der Klassenunterschied eine Rolle, so würde etwa der eitle Haushofmeister Malvolio gern adelig sein – um dann tief zu fallen: »Das ist ja auch heute ein Thema: Leute, die mehr sein wollen, als sie sind. Gerade auf Plattformen wie Tinder kann man sich leicht falsche Identitäten zulegen«, so Schmiedleitner, der bekannt ist für seine wuchtigen, bildstarken Inszenierungen.

»Was ihr wollt« ist außerdem in gewisser Hinsicht lokal verankert: Als er vor Jahren im Winter zu Gast am Weißensee war, fiel Schmiedleitner ein Punschstand mit Bierbänken auf dem Eis auf: »Mir ist dann später eingefallen, dass das Stück auch ,Zwölfte Nacht‘ heißt. Diese zwölfte Nacht ist am 6. Jänner, also mitten im Winter und da musste ich an den Weißensee denken. Deshalb spielt unsere Inszenierung jetzt auf einer Eisscholle, symbolisch ein Ort der Kälte. Aber je mehr Liebe im Spiel ist, desto wärmer wird es dann auch«, so der Regisseur, der zuletzt 2019 am Stadttheater Ewald Palmetshofers »Vor Sonnenaufgang« inszeniert hat.

Zu Person und Stück

Georg Schmiedleitner. Geb. 1957 in Linz, lebt in Nürnberg. War unter anderem Mitbegründer und künstlerischer Leiter des Theater Phönix in Linz. Seit 1996 freier Regisseur u. a. am Burgtheater Wien, Theater in der Josefstadt, Schauspielhaus Hamburg, Staatstheater Nürnberg

Und wie viel Komödie steckt in dem Stück? Sehr viel, so Schmiedleitner, denn »das wirklich Komische hat immer auch eine Schattenseite und guter Humor etwas Abgründiges. So ist der tiefe Fall von Malvolio bitterböse erzählt.« Jedenfalls habe er mit dem Ensemble intensiv am Witz des Stückes gearbeitet: »Das braucht viel Zeit und Geduld.« Und apropos Ensemble: Mit dem ist Georg Schmiedleitner, der 1999 am Stadttheater auch die Uraufführung von Peter Turrinis »Sauschlachten« inszenierte, »richtig glücklich. Wir haben eine tolle Besetzung.« Mit dabei sind unter anderem Dominik Warta (Herzog), Raphaela Möst (Olivia), Josephine Bloéb (Viola) und August Jagsch (Malvolio).

Szenenfoto (c) Karlheinz Fessl