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1. September 2025

Liebestod in der Unendlichkeit

Eine Welt, angesiedelt irgendwo zwischen Fantasy-Serien und der Unendlichkeit des Kosmos – Bettina Breitenecker und Thomas Stingl setzen als bewährtes Ausstattungs-Duo die diesjährige Eröffnungspremiere Tristan und Isolde mit Farbcodes und metallischem (Welt-)Raumkonzept spektakulär in Szene: Nach Bühnenerfolgen wie Jakob Lenz, Alice im Wunderland und zuletzt Stallerhof entsteht nun ein gemeinsames Projekt mit Intendant Aron Stiehl, der die Wagner-Oper inszeniert. Die Musikalische Leitung übernimmt Chefdirigent Chin-Chao Lin.

König Marke von Cornwall möchte die irische Prinzessin Isolde heiraten und so den Frieden zwischen den beiden Ländern sichern. Die Handlung beginnt auf der Überfahrt von Irland nach Cornwall, die Thomas Stingl in einem kleinen, beklemmend engen Bühnenraum erzählt: Isolde ist unglücklich über die erzwungene Heirat mit Marke und fühlt sich gedemütigt. Zudem verbindet sie eine gewaltvolle Vergangenheit mit Markes Neffen und Vasall Tristan. Dieser hatte einst Isoldes Verlobten Morold im Zweikampf getötet, seine Wunden aber – unter falschem Namen, doch nicht unerkannt – von der heilkundigen Isolde versorgen lassen. Nun will Isolde Rache nehmen und sich selbst der Hochzeit mit Marke entziehen, indem sie Tristan und sich selbst einen Gifttrunk verabreicht. Angesichts des vermeintlich nahenden Todes bricht sich eine dunkle Liebe zwischen Isolde und Tristan Bahn – doch Isoldes Dienerin Brangäne hat den Todes- mit einem Liebestrank vertauscht…

Richard Wagner erzählt den mittelalterlichen Versroman nicht nur als klassische Liebes- und Eifersuchtstragödie, vielmehr geht es um eine transzendente Verklärung, eine Vereinigung der heimlich Liebenden im Tod.

Das Bühnenbild von Thomas Stingl löst sich von der Enge im 1. Akt schließlich in die Unendlichkeit des Weltalls auf.

»Über die drei Akte hinweg löst sich der Raum auf, wird weiter. Im 2. Akt werden die Wände beweglich und drehen sich wie Strudel. Bühne und Darsteller*innen reagieren aufeinander. Es geht um den Wankelmut der Figuren und darum, wie beeinflussbar jede*r Einzelne ist«, so der Bühnenbildner, der schließlich die Idee des Auflösens im 3. Akt in der Unendlichkeit des Weltalls verortet. Bühnenelemente wie ein Rundhorizont mit gemalten Spiralnebeln und metallische Wände werden in gleißendes Licht getaucht. Thomas Stingl, der am Stadttheater auch die Bühnenbild-Werkstätten leitet, setzt dabei u. a. auch auf die ausdrucksstarke Beleuchtung von Walter König: Mit besonderen Lichteffekten werden z. B. irdische Berglandschaften in interstellare Gebilde transformiert.

Gemalte Spiralnebel und metallische Wände werden in gleißendes Licht getaucht.

»Ob Tristan und Isolde schließlich im Tode vereint sind, oder ob es eine Befreiung, einen Neubeginn durch den gemeinsamen Liebestod im 3. Akt gibt, bleibt in dieser Inszenierung offen«, erklärt Bettina Breitenecker, die sich zunächst über die Musik und märchenhafte Assoziationen dem Werk angenähert hat. Inspiriert von Fantasy-Serien spielt die Kostümbildnerin mit historischen Schnitten aus dem Mittelalter und setzt dabei auf Farbcodes, die den Gegensatz von Tag und Nacht symbolisieren: In Tristan und Isolde steht der Tag für das öffentliche Leben, die reale Welt. Ihm werden die Attribute gleißend und unwahr zugeordnet. Auch Tristan agiert tagsüber berechnend, möchte seinem Onkel König Marke gefallen und »verrät« Isolde sogar, um selbst in gutem Licht zu erscheinen. In diesen Situationen sind die Protagonisten in kühle oder grelle Farbtöne gekleidet. So erscheint auch König Marke auf der Hochzeit mit Isolde in blendendem Silberweiß, ist er doch der »falsche« Ehemann an ihrer Seite.

Schnitte, inspiriert von Fantasy-Serien, treffen auf Farbcodes, die in kühlen oder warmen Farben den Gegensatz von Tag und Nacht symbolisieren.

Die Nacht, die den Liebenden gehört und das Private symbolisiert, kommt in den Kostümen durch warme Farbtöne zum Ausdruck. Kurwenal etwa, der treue Freund und Begleiter Tristans, ist in einen wohligen Grünton gekleidet. »Für das Ensemble und den Haus- und Extrachor werden über 30 Kleider in der Kostümwerkstatt genäht«, erzählt Bettina Breitenecker, die seit 2003 am Stadttheater arbeitet und seit der Spielzeit 2022/23 das Kostümwesen am Stadttheater leitet.

Das Bühnenbildmodell von Thomas Stingl und die Figurinen von Bettina Breitenecker sind Vorlagen für die Arbeit in den Werkstätten.

Derzeit laufen die Vorbereitungen auf Hochtouren, das Ensemble probt bereits im Original-Bühnenbild auf der großen Bühne. Wenn sich am 18. September 2025 der Vorhang zur Premiere hebt, darf sich das Publikum nach dem Ring des Nibelungen nun auf ein weiteres großes Meisterwerk aus der Feder Richard Wagners freuen – wohl auch ein langersehntes: Tristan und Isolde wurde zuletzt in der Spielzeit 1960/61 in Klagenfurt aufgeführt.

Über 30 Kostüme entstehen für das Ensemble und den Haus- und Extrachor.