Geschichten aus dem Wiener Wald
Ein Volksstück in drei Teilen von Ödön von Horváth
Marianne, die seit dem Tod der Mutter ihrem Vater Geschäft und Haushalt führt, soll unter die Haube gebracht werden. Die Verbindung zwischen Oskar und Marianne hat ihr Vater, der Zauberkönig, eingefädelt, denn Oskar ist nicht nur ein Kerl ganz nach seinem Geschmack, sondern verspricht auch in diesen schwierigen Zeiten finanzielle Sicherheit. Mit einem Ausflug in den Wienerwald soll die Verlobung gefeiert werden. Neben anderen sind auch Valerie und ihr jüngerer Liebhaber, der Spieler und Lebemann Alfred mitgekommen. Marianne verliebt sich in Alfred und löst mit einem Befreiungsschlag die Verlobung. Geschichten aus dem Wiener Wald bildet den Höhepunkt in Horváths dramatischem Schaffen, es vereinigt den ganzen Mikrokosmos Horváthscher Figuren in vollkommener Dichte und Abgerundetheit. Entstanden vor dem Hintergrund der Weltwirtschaftskrise und am Vorabend der Machtergreifung der Nationalsozialisten sorgte es bei der Uraufführung in Berlin 1931 für heftige Kontroversen.
Regie führt Lore Stefanek, die in Klagenfurt bereits Der Alpenkönig und der Menschenfeind inszenierte. Die Bühnenmusik gestaltet der Kärntner Jazz-Gitarrist und Komponist Primus Sitter. Zum Ensemble gehören u.a. Pauline Knof als Marianne, Frank Seppeler in der Rolle des Alfred, Johannes Flaschberger als Zauberkönig, Irene Kugler als Valerie und Burgschauspielerin Therese Affolter als Großmutter.
Einführung 19.05 Uhr im Galeriefoyer links
Ensemble-Gespräch 21. März 2015 - nach der Vorstellung im oberen Foyer
Vormittagsvorstellung für Schulklassen 26. März 2015 - 10.30 Uhr
(mit Einführung um 10.00 Uhr im oberen Foyer)
Schüler erhalten 50% Ermäßigung auf den regulären Kartenpreis
Pressestimmen
Unheimlich komisch, todtraurig und schön: die „Geschichten aus dem Wiener Wald“ von Ödön von Horváth am Klagenfurter Stadttheater, erzählt von Lore Stefanek. Brustschwimmen und Rückenkraulen ohne Wasser; stocknüchtern in eine angesäuselte Heurigenrunde abtauchen; Gedanken in deutliche Bilder verwandeln; die Realität wegträumen, um den Albtraum Leben weiter für ein Trugbild halten zu können. Das alles kann Theater. Schon deshalb, weil Regisseurin Lore Stefanek und das Ensemble diese wunderbaren Möglichkeiten nutzen, sind die Klagenfurter „Geschichten aus dem Wiener Wald“ ein großartiger Theaterabend. […] Die klare Raumlösung von Etienne Pluss suggeriert: Die sind alle im Eck, kein Ausweg. […] Lore Stefanek inszeniert das präzise Bild einer am Abgrund stehenden Gesellschaft, die den Traum von Liebe und Glück trotz allem noch nicht aufgegeben hat. Mit einer Besetzung, die keinen Wunsch offen lässt, mit stilisierter (Heurigen-)Musik des Kärntner Gitarristen Primus Sitter und in der Horváth-Balance: Alles, was lustig ist, ist gleichzeitig auch todtraurig. Besonders die Wachau-Kapitel entfalten ein ebenso distanziertes wie empathisches Potenzial – auch ein Kunststück, an dem Therese Affolter maßgeblich beteiligt ist. Ihre Großmutter ist ein bösartiger Kobold mit betont eckigen Bewegungen. Keine Weichheit, kein Nachgeben. […] Pauline Knof ist eine leicht trotzige und patente Marianne, die ernsthaft an das Glück mit dem Schlawiner Alfred glaubt. Sebastian Edtbauer spielt den Oskar mit einer dezenten Brutalität, die man so noch nicht gesehen hat. […] Stark auch Irene Kugler als bei aller Saftigkeit verletzliche Valerie. Der unterkühlt selbstsüchtige Alfred von Frank Seppeler, der abgebrannte Rittmeister mit der offenen Hand für die geschenkte Blutwurst von Maximilian Achatz, der aufbrausende Zauberkönig von Johannes Flaschberger oder die mit ihrer Warmherzigkeit allein dastehende Mutter von Katharina Schmölzer – allesamt überzeugend. Das lässt sich bis zu den Kindern der Singschule Carinthia fortschreiben. Kräftiger Applaus für einen exzellenten Theaterabend.
[…] Ein brilliantes Ensemble lässt in markanter Kostümierung (Stephanie Geiger) vor schwarzem Hintergrund mit leuchtend weißem Rahmen (Etienne Pluss) das Volksstück auf hohem Niveau und fast wie im Fotoalbum Revue passieren: Mit so dezenten wie effektvollen musikalischen Eingriffen durch Primus Sitter & Ensemble und in subtiler, präziser Choreografie (Conchita Navarro Y Font) gerät die vergebliche Jagd nach Glück verkommener Kleinbürger im Niemandsland zwischen untergegangener Monarchie und einer diffusen, mit der nationalsozialistischen Droge winkenden Zukunft packend-intensiv. Jeder Akteur, ob Frauen verachtender Macho oder böse Verletzte, überzeichnet Egoismus und Abgestumpftheit in Perfektion: Von „Valerie“ Irene Kugler, der einzig Ehrlichen, über „Marianne“ Pauline Knof, „Zauberkönig“ Johannes Flaschberger, bis zu „Alfred“ Frank Seppeler und „Großmutter“ Therese Affolter.
[…] Es sind vor allem die darstellerischen Leistungen, die Ödön von Horváths herzzerreißende Geschichten aus dem Wiener Wald am Klagenfurter Stadttheater jetzt zu einem gültigen, achtbaren Bühnenereignis machen. Und ein Sahnehäubchen hat diese Produktion auch: Die grandiose Art, in der Primus Sitter und Kollegen Walzermotive behandeln, ohne ihre Jazz-Seele zu verraten – das ist mehr als Wiener Wald. […] Das Drama von Unterdrückung und Engstirnigkeit verfehlt seine Wirkung nicht. […]