Home MagazinFigaros Hochzeit im Winter-Schloss
3. November 2021

Figaros Hochzeit im Winter-Schloss

Bühnenbildner Dietrich von Grebmer war auf der Suche nach einem »Schauplatz« für Le nozze di Figaro und ist hier in Kärnten fündig geworden: Schloss Rosegg dient als Kulisse für KS Brigitte Fassbaenders Inszenierung der Mozart-Oper am Stadttheater Klagenfurt: 

Brigitte Fassbaender und Sie verbindet eine lange Zusammenarbeit wie war es, mit ihr Le nozze di Figaro in Klagenfurt zu erarbeiten?

Dietrich von Grebmer: Wir haben großes gegenseitiges Vertrauen und über die Jahre ist bei den Produktionen eine gemeinsame Handschrift entstanden. Brigitte lässt sich auch gerne mal einen »Floh ins Ohr setzen«, wir haben denselben Humor und verfolgen dann die Dinge auf der Bühne gemeinsam weiter. Le nozze di Figaro wurde schon sehr oft inszeniert, es ist daher sehr schwierig, neue Aspekte zu entdecken. Wir haben uns daher mit der Vielschichtigkeit im Stück beschäftigt, was auch in den vielen Ebenen und transparenten Wänden im Bühnenbild zum Ausdruck kommt. Wir wollen den Figuren nichts überstülpen, sondern die zwischenmenschlichen Beziehungen und Gefühle zeigen.

Wie sind Sie beide hier in Regie und Bühnenbild vorgegangen?

Wir wollten auch optische Leichtigkeit reinbringen. So sieht zum Beispiel das Publikum mehr als die handelnden Figuren auf der Bühne, es hat Einblick in verschlossene Räume und sieht auch Dinge, die im Hintergrund passieren. Die Figuren lauschen oft hinter dem Vorhang, es gibt immer kleine Irritationen in der Szene und immer wieder neue Dinge zu entdecken. Vor allem der 4. Akt entbehrt jeglicher Logik und ist für Regisseur*innen immer auch eine Feuertaufe. Bei uns ist in dieser Verwechslungs- und Verkleidungs-Szene der Pavillon auf der Bühne sichtbar und auch das, was darin passiert.

Le nozze di Figaro spielt im heißen Sevilla – bei uns aber spielt die Handlung im Winter…

Richtig. Wir wollten so auch die erkalteten Gefühle zwischen der Gräfin und dem Grafen unterstreichen. Die Handlung spielt in einem Schloss, wo man im Winter schon mal frieren kann in großen ungeheizten Räumen. Als die Winter-Idee feststand, haben wir uns hier in Kärnten auf die Suche nach einem Ort begeben, der ein guter Schauplatz für die Oper sein könnte. Dabei sind wir auf das wunderschöne Schloss Rosegg gestoßen.

Impressionen aus Schloss Rosegg, Bühnenbild-Modelle von Dietrich von Grebmer sowie Szenenfotos ((c) Helge Bauer) aus »Le nozze di Figaro«

Warum haben Sie sich ausgerechnet für Schloss Rosegg entschieden?

Ich bin durch eine Dokumentation auf dieses Gebäude aufmerksam geworden und hatte dann Gelegenheit es zu besichtigen. Im September 1772 begann Franz Xaver Wolf Graf von Orsini-Rosenberg mit dem Schlossbau, er war ein enger Vertrauter der Kaiserin Maria Theresia und ein großer Förderer der Musik und Wolfgang Amadeus Mozarts. Orsini-Rosenberg tritt auch in Peter Shaffers Stück und im gleichnamigen Film Amadeus auf. Es ist also schön, dass über den Ort eine Verbindung zu Mozart entsteht. Das Schloss wurde Orsini-Rosenbergs Geliebter Lukrezia gewidmet und orientiert sich baulich an seinen Vorbildern in Italien. Es tauchen auch viele Motive aus Rom in den Gemälden im Schloss auf. Eines davon haben wir auch ins Bühnenbild übernommen. Mit der Ouvertüre gibt es gleich einen Einstieg in den Schauplatz, man sieht Impressionen aus dem Schloss, einen Flur, eine offene Tür… Die Tapete und die Tür im Bühnenbild des 1. Aktes sind dem Original nachempfunden, im 2. Akt taucht ein Fenster aus dem Schloss auf, im 3. Akt betritt man den Festsaal mit Kamin und Spiegel und im 4. Akt ist auf der Bühne ein abstrahierter Irrgarten zu sehen. Dieser zitiert das Gartenlabyrinth, das sich in Rosegg befindet.

Sie sind auch als Kostümbildner an der Inszenierung beteiligt – wie sind die Kleider der Figuren entstanden?

Das Stück spielt im Heute, auch die Menschen sind heutig und in ihrer Funktion erkennbar. So gibt es Angestellte und eine Dorfbevölkerung, die Haushälterin Marcellina, den Arzt Bartolo. Cherubino ist ein pubertierender Junge, der nicht weiß, wo er mit seinen Gefühlen hin soll. Er könnte genauso ein Bub von heute sein. Der Graf Almaviva trägt Jagdkleidung, eine Lederhose, und könnte auch hier im Schloss Rosegg verortet sein. Für Brigitte Fassbaender sind vor allem die Verkleidungsszenen durch die winterlichen Kleider noch spannender und ausführlicher erzählt. Wir haben sehr viele Schauspiel-Elemente in Le nozze di Figaro und ein sehr spielfreudiges Ensemble. Es gibt Seufzer, Brüche im Rezitativ, Jauchzer zwischendurch – auch Mozart wollte, dass die Geschichte sehr lebendig erzählt wird.

Welche Bedeutung hat Mozarts Le nozze di Figaro noch im Heute?

Die Themen, die auf der Bühne verhandelt werden sind zeitlos: Eifersucht, Liebe, Zuwendung, Neid und Missgunst haben die Menschen schon zu Mozarts Zeiten beschäftigt und sind noch immer aktuell. Mozart hatte sehr feine Antennen und wusste alles über die Menschen, er und viele andere große Komponisten und Schriftsteller haben hier einen eigenen Erzähl-Kosmos erschaffen.