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3. Mai 2024

Gerti Drassl: »Was von außen kommt, wird gefressen«

Gerti Drassl, derzeit in Frühere Verhältnisse / Häuptling Abendwind wieder am Stadttheater zu erleben, über Johann Nestroy und ihre Liebe zu Christine Lavant.

(Karin Waldner-Petutschnig / Kleine Zeitung)

Mit Nestroy hat alles begonnen: »Karl Heinz Hackl hat mich 2001 direkt vom Reinhardt-Seminar weg an die Josefstadt für ,Heimliches Geld, heimliche Liebe‘ von Johann Nestroy engagiert«, erinnert sich Gerti Drassl im Gespräch. 2003 hatte die Südtiroler Künstlerin dann als »Beste Nachwuchsschauspielerin« einen Nestroy-Theaterpreis erhalten – für Die Wildente in der Regie von Dietmar Pflegerl.

Und jetzt spielt sie in Klagenfurt wieder Nestroy. Die beiden Einakter Frühere Verhältnisse und Häuptling Abendwind waren die letzten Stücke, die der begnadete Satiriker schrieb und die durchaus Parallelen zum Heute erkennen lassen. »Das, was von außen kommt, wird gefressen«, lacht Gerti Drassl, »das Nationale ist den Inselbewohnern in Häuptling Abendwind sehr wichtig.«

Schon öfters am Stadttheater

Mit Dietmar Pflegerls Onkel Wanja-Inszenierung ist Gerti Drassl erstmals ans Stadttheater Klagenfurt gekommen und hat sich »gleich in dieses Haus verliebt«. Inzwischen ist die heute 45-Jährige schon öfter hier zu sehen gewesen, zuletzt im grandiosen Iwanow von Mateja Koležnik (2018).

In Kärnten wurde Gerti Drassl bisher vor allem auf ihre Rolle im Film Das Wunder von Kärnten angesprochen, doch das ändert sich gerade ein wenig. Denn die so vielseitig engagierte Schauspielerin gibt gerne und oft der wiederentdeckten Dichterin Christine Lavant ihre Stimme. So wie vor wenigen Tagen beim Festival Kultur am Berg in Pölling, wo übrigens auch für Das Wunder von Kärnten gedreht worden war. Mit dem Saxophonisten Edgar Unterkirchner und der Harfenistin Hannah Senfter interpretierte sie Gedichte von Lavant, für die sich Drassl »mehr internationale Publicity« wünscht: »Die Unergründlichkeit und Tiefe ihrer Sprache erfasst einen immer wieder, wenn man ihr begegnet.« Mit den beiden Musikern gestaltete Gerti Drassl im Vorjahr auch die Verleihung des Christine-Lavant-Preises an Yevgeniy Breyger im Wiener Radiokulturhaus. Was die Schauspielerin an der Lavant fasziniert? »Sie ist ehrlich und oft brutal lustig, überhaupt nicht kitschig, radikal. Einfach eine Frau, die ihre Bedürfnisse, Ängste und Leidenschaften in Sprache packt, eine unglaublich große Feministin. Sie gibt den Außenseitern der Gesellschaft eine Stimme.«

Arbeit im Film

Eine Stimme gab Gerti Drassl kürzlich auch der ehemaligen Ski-Rennläuferin Nicola Werdenigg, die sie im Film Persona non grata verkörperte, der sexualisierte Gewalt im österreichischen Skiverband zum Thema machte. Wie breit Drassls Repertoire angelegt ist, illustriert ein Blick in ihre Filmografie: Von der TV-Serie Vorstadtweiber (bis 2017) und diversen Fernsehkrimis bis zu Das Tagebuch der Anne Frank reicht da die Palette.

In die Wiege gelegt wurde der oft als »Ausnahme-Schauspielerin« bezeichneten Gerti Drassl die Leidenschaft für die Bühne wohl von ihrem Vater Peter Drassl. Der mittlerweile verstorbene Leiter einer Südtiroler Theatergruppe debütierte als Siebzigjähriger mit seiner Tochter im Theater in der Josefstadt – in Felix Mitterers Jägerstätter, für den seine Tochter 2013 eine Nominierung für den Nestroy-Preis als »Beste Schauspielerin« erhielt. Mit ihrem Vater hatte sie auch schon in Bozen gemeinsam Theater gespielt: in Nestroys Häuptling Abendwind.

Zur Person

Gerti Drassl wurde am 13. April 1978 in Eppan/Bozen in Südtirol geboren. Sie absolvierte das Max-Reinhardt-Seminar, war im Theater in der Josefstadt engagiert und feierte in Film und Fernsehen große Erfolge (zuletzt in Persona Non Grata). Preise: u.a. Undine Award, Romy, Österreichischer Filmpreis, Nestroy-Theaterpreis, Deutscher Schauspielpreis.

Zum Stück

Frühere Verhältnisse/Häuptling Abendwind. Zwei Possen mit Gesang von Johann Nestroy. Stadttheater Klagenfurt. Vorstellungen bis 25. Mai 2024.
Mitwirkende. Regie: Dominique Schnizer; mit: Gerald Votava, Magda Kropiunig, Gerti Drassl, Rudi Widerhofer u.a., Musik: Bernhard Neumaier.