Home Magazin»Ich hatte eine wundervolle Zeit hier«
15. Juni 2025

»Ich hatte eine wundervolle Zeit hier«

Interview. Nicholas Milton verabschiedet sich mit einem Konzert als Chefdirigent des Kärntner Sinfonieorchesters. Ein Gespräch über den Wagner-Zyklus als Meilenstein und künftige Pläne.

Marianne Fischer/Kleine Zeitung

Foto: Jez Smith

Kürzlich wurden die Nominierungen für den Österreichischen Musiktheater-Preis bekanntgegeben. Sie sind als »Bester Dirigent« für die Götterdämmerung nominiert. Ein schöner Abschluss …

Nicholas Milton: … und vor allem ein schöner Erfolg für das Theater und das Orchester. Ich bin ja nur ein kleiner Teil dieser Produktion.

Der »Ring« war für das Haus eine Wahnsinnsherausforderung?

Ja, an größeren Häusern mit größeren Orchestern können die Musikerinnen und Musiker durchtauschen. Das geht in Klagenfurt nicht, da muss das Orchester durchspielen. Dieser »Ring« ist ein historisches Ereignis, die Reise durch den Wagner-Zyklus war in ihrem Umfang ehrgeizig und im Geist tiefgründig – ein Meilenstein dessen, was dieses Theater leisten kann, wenn es den Mut hat, groß zu denken und gemeinsam zu handeln.

Sie haben selbst eine lange Geschichte mit dem »Ring«?

Ich habe meine erste Stelle als Konzertmeister bekommen, weil das Adelaide Symphony Orchestra den ersten australischen »Ring« aufführen wollte und jemanden suchte, der die Streichergruppe in eine passende Verfassung bringen konnte. Damals lebte ich in New York und bin eigens dafür nach Australien zurückgekehrt. Und als Christian Thielemann den »Ring« vor einigen Jahren an der Deutschen Oper Berlin dirigiert hat, hatte ich ebenfalls das Vergnügen, an der gesamten Probenphase teilzunehmen. Den Zyklus zu dirigieren, ist ein Höhepunkt für jeden Dirigenten.

Warum haben Sie sich eigentlich entschieden, nach vier Jahren Klagenfurt wieder zu verlassen?

Es war von Anfang an klar, dass ich nur die vier Jahre mit dem »Ring« machen werde. Meine Frau ist Konzertmeisterin in Jena, wir leben in Weimar und ich habe außerdem ein Orchester in Göttingen. Ich bin extrem viel hin- und hergereist. Aber ich hatte eine wundervolle Zeit hier, das Orchester ist großartig. Die herausragende Kompetenz, Vielseitigkeit und Hingabe der Musikerinnen und Musiker haben jedem Projekt Tiefe und Bedeutung verliehen.

Die KSO-Konzerte sind sehr beliebt, oft ausverkauft. Worauf führen Sie das zurück?

Das Orchester ist einfach wunderbar und wird von Jahr zu Jahr besser. Unser Publikum erkennt das zunehmend. Und vor allem hat unser Orchester die Mauer eingerissen, die manchmal zwischen Publikum und Orchester existiert. Als Musikerinnen und Musiker haben wir die Verantwortung, etwas im Publikum zu entfachen: neue Ideen zu wecken, Emotionen hervorzurufen und Freude zu verbreiten. Das ist sowohl ein Privileg als auch eine Verantwortung, und das Publikum ist mit Neugier und Offenheit mit uns auf diese Reise gegangen.

Werden Sie nach Klagenfurt zurückkehren?

Es ist noch nichts Konkretes geplant. Ich habe hier mittlerweile viele Freunde in der Stadt, ich würde also gerne wieder zurückkommen.

Werden Sie sich jetzt auf das Göttinger Symphonieorchester konzentrieren?

Ja, die nächsten zwei Spielzeiten dort sind nahezu vollständig geplant, mit vielen Konzerten, darunter auch Auftritte in Amsterdam und Köln. Unsere Abonnementreihe ist bereits ausverkauft, außerdem habe ich natürlich als Gastdirigent auch zahlreiche Kooperationen mit anderen Ensembles geplant.

Was sind Ihre nächsten Konzerte?

In den nächsten Wochen dirigiere ich einige Konzerte in Australien und bei deutschen Sommerfestivals. Ende August habe ich mehrere Aufführungen von Beethovens 9. Sinfonie sowie eine Tour mit der Nordwestdeutschen Philharmonie ins Concertgebouw in Amsterdam. Danach beginnt die nächste, sehr arbeitsreiche Saison so richtig. In den letzten Jahren musste ich aufgrund meiner Verpflichtungen in Klagenfurt meine Opernengagements in Sydney, in einem der schönsten Opernhäuser der Welt, einschränken, aber ich freue mich sehr, dass ich in der kommenden Saison für eine neue Turandot dorthin zurückkehren kann.

Morgen (Anm. 15. Juni 2025) verabschieden Sie sich mit einem Konzert vom Stadttheater-Publikum. Was steht auf dem Programm?

Das Programm ist in der Struktur etwas ungewöhnlich, denn anstatt mit einer monumentalen Symphonie als Abschluss beginnt das Konzert mit Tschaikowskys »Fünfter«. In der zweiten Hälfte habe ich eine breite Auswahl spannender Musik zusammengestellt, die die Virtuosität, Flexibilität und Spielfreude des Kärntner Sinfonieorchesters zeigen wird. Und ich denke, wir werden viel Spaß haben.

Zu Person und Konzert

Nicholas Milton. Geboren 1967 in Sydney, Australien. Studierte Violine, Dirigieren, Musiktheorie und Philosophie. Ab 1996 Konzertmeister beim Adelaide Symphony Orchestra. Verlagerte seine Tätigkeit zunehmend auf das Dirigieren, u. a. Volksoper Wien, Komische Oper Berlin, Sydney Opera. Seit 2018 Chefdirigent am Göttinger Symphonie Orchester, seit 2021/22 Chefdirigent am Stadttheater Klagenfurt, das er nun verlässt.