Home MagazinMoritz Franz Beichl: »Shakespeare war ein queerer Autor«
12. Oktober 2023

Moritz Franz Beichl: »Shakespeare war ein queerer Autor«

Shakespeares letztes Drama Sturm in einer Fassung für drei Personen: Bis 09. November 2023 zeigt das Stadttheater Klagenfurt die Inszenierung des Wieners Moritz Franz Beichl (31).

(Marianne Fischer/Kleine Zeitung)

Er halte, sagt Moritz Franz Beichl, die reduzierte Fassung für stärker als das Original: »Prospero erinnert sich an seine Biografie und möchte sie noch einmal durchleben, seine zwei Untertanen müssen Rollen spielen, um das lebendig werden zu lassen. Das ist eigentlich sehr heutig im Sinn einer Psychotherapie oder einer Familienaufstellung«, sagt der Regisseur, dessen Inszenierung von Shakespeares Sturm am 12. Oktober Premiere am Stadttheater Klagenfurt feiert. Das vermutlich letzte Stück des englischen Dramatikers wird in einer gut 100-minütigen Fassung von Joachim Lux gezeigt, nur drei Schauspielerinnen und Schauspieler schlüpfen in die diversen Rollen.

Apropos divers: Shakespeare ist nicht nur der Lieblingsautor von Beichl, sondern auch ein »queerer Dramatiker und einer der wenigen klassischen Autoren, die starke Frauenfiguren geschrieben haben«, sagt der gebürtige Wiener, der 2019 mit einem »Nestroy« ausgezeichnet wurde. Ausgerechnet der Sturm ist allerdings mit einer einzigen Frauenfigur (Prosperos Tochter Miranda) ein sehr männliches Stück: »Dafür haben wir in unserer Version zwei Schauspielerinnen und einen Schauspieler«, betont Beichl, für den vor allem Sona MacDonald als Zauberer Prospero ein »Glücksfall« ist: »Sie hat eine enorme Kraft, bringt aber auch etwas Mädchenhaftes in diese Rolle ein.«

Sturm ist eine Koproduktion mit den Salzkammergut Festwochen Gmunden, wo bereits im Juli Premiere war. Für Beichl ist das größere Stadttheater aber fast der »intimere Ort« für das Stück. Überhaupt ist er begeistert vom Haus und von Kärnten, wobei er hierzulande schon als Kind den Urlaub verbracht hat: »Ich war mit meiner Familie immer am Faaker See und wir haben oft Musicals auf der Seebühne gesehen, darunter die Evita«, erzählt der 31-Jährige, der Regie an der Theaterakademie Hamburg studiert hat und unter anderem Hausregisseur am Deutschen Theater Göttingen ist. Aber auch in Österreich ist er immer öfter gefragt. Gerade hat er mit Ödön von Horváths Kasimir und Karoline am Landestheater Niederösterreich Premiere gefeiert – die Produktion wird übrigens im kommenden Juni als Gastspiel auch im Congress Center Villach zu sehen sein.

Bevor Beichl für die Wiederaufnahme von Büchners Woyzeck wieder nach Hamburg fährt, nimmt er sich jetzt aber einmal eineinhalb Monate Zeit, um seinen zweiten Roman zu vollenden, der aus der Perspektive eines schwulen Mannes von vielen Formen von Männlichkeit erzählen wird. Erscheinen soll er im Frühjahr 2024 – es wird also langsam Zeit, das Projekt zu vollenden, abzugeben und loszulassen. Übrigens auch ein großes Thema im Sturm, so Beichl: »Ein Großteil des Stücks handelt zwar davon, dass Prospero Rache will. Aber letztlich geht es darum, dass er akzeptieren und loslassen kann. Das berührt mich noch immer.«

Zur Person

Moritz Franz Beichl, geb. 1992 in Wien, wo er als Autor und Theaterregisseur lebt. Studium Regie an der Theaterakademie Hamburg. Zahlreiche Inszenierungen in Deutschland und Österreich. 2019 Nestroy als bester Nachwuchsregisseur. 2022 Debütroman Die Abschaffung der Wochentage (Residenz).

Zum Stück

Sturm. William Shakespeare.
Inhalt: Prospero wurde als Herzog von Mailand von seinem Bruder vertrieben und ist mit seiner Tochter Miranda auf eine Insel geflüchtet, wo er mittels Magie herrscht und sich an seinen Feinden rächen will.
Premiere: 12. Oktober, 19.30 Uhr, Stadttheater Klagenfurt.

Karten: Tel. (0463) 54 0 64
kartenkasse@stadttheater-klagenfurt.at