22. Dezember 2023

»Mozart hat mir die Welt eröffnet«

(Kleine Zeitung/Karin Waldner-Petutschnig; Foto (c) Karlheinz Fessl)

»Ich war immer die Brasilianerin«, erzählt die aparte Sängerin Melissa Zgouridi mit den leicht asiatischen Gesichtszügen nach einer Probe im Stadttheater und lacht. Denn eigentlich ist die Amerikanerin in Kalifornien geboren und aufgewachsen – als Tochter einer Chinesin, die vor dem Kommunismus in ihrer Heimat geflüchtet und nach Brasilien ausgewandert war und eines Vaters mit griechischen Wurzeln, dem Melissa ihren Nachnamen verdankt.

Zweisprachig mit Portugiesisch und Englisch aufgewachsen, lebt die 31-Jährige heute mit ihrem Mann, dem Salzburger Architekten Horst Lechner, in der Mozartstadt. Und dessen familiäre Wurzeln liegen in Kärnten, wo seine Großmutter zu Hause ist. Dass ihr erstes Engagement in Österreich die Mezzosopranistin gleich nach Klagenfurt führt, freut daher die ganze Familie. Als sie, die »immer Lust auf singen« hatte, in Kalifornien ihre erste Oper erlebte, war sie nicht begeistert: »Tosca hat mir damals nicht gefallen. Heute liebe ich es!« Aber das zweite Opernerlebnis mit Die Hochzeit des Figaro weckte die Begeisterung: »Ich wusste nicht, dass Oper so lustig sein kann«, lacht sie und schwärmt: »Mozart hat mir die Welt eröffnet.« Damals hatte sie gedacht, man müsse »Britney Spears sein, um vom Singen leben zu können«, erzählt sie schmunzelnd. Ab Mozart war ihr klar, dass sie ihr Weg auf die Opernbühne führen würde. Und das, obwohl sie heute keine Mozart-Sängerin sei: »Meine Stimme ist zu groß für Mozart, das Konzept für Mezzosopran existierte nicht zu seiner Zeit.«

In jeder Stadt ein Theater

Nach ihrer Gesangsausbildung in Rochester (New York) brachte sie ein Fullbright-Stipendium ans Mozarteum in Salzburg, und sie wusste bald, dass sie hier bleiben will: »In Europa gibt´s ja in jeder kleinen Stadt ein Theater, das ist in den USA nicht so!« 2021 bis 2023 gehörte die perfekt Deutsch sprechende Künstlerin zum Ensemble des Saarländischen Staatstheaters wo unter anderem die Titelpartie in Carmen und Prinz Orlofsky in der Fledermaus zu ihren Rollen zählte.

Zwei Mal hat sie die Erda in Rheingold verkörpert, die sie ab Mai auch in einer neuen Produktion am Theater Dortmund unter der Regie von Peter Konwitschny singen wird. Davor steht im März noch die Rolle der Suzuki (als Cover) in Puccinis Madame Butterfly auf dem Programm: »Das erste Mal an der Met in New York, das erste Mal in meiner Heimat!« Aron Stiehls Interpretation der Fledermaus von Johann Strauß ist divers und fluide: »Das Konzept basiert auf einer heutigen Drag Queen in einem Berliner Club. Man kann kommen, wie man ist, egal wie reich, welches Geschlecht, ob im Rollstuhl. Wir sind alle da für eine gute Zeit«, schwärmt Zgouridi von ihrer Rolle als Orlofsky, der als junger, gelangweilter Prinz immer auf der Suche ist. Die Zerrissenheit ihrer Figur drückt sich auch im raffinierten zweigeteilten Kostüm aus – man darf gespannt sein.