Bühne
Premiere: Do, 01.03.2018
Dernière: Sa, 14.04.2018
Lady Macbeth von Mzensk
Oper in vier Akten von Dmitri Schostakowitsch / Libretto von Alexander G. Preis und vom Komponisten nach der gleichnamigen Erzählung von Nikolai S. Leskow / In russischer Sprache mit deutschen Übertiteln
Schostakowitsch, eine der schillerndsten Künstlerpersönlichkeiten des 20. Jahrhunderts, schuf eine gleichermaßen mitreißende wie wilde Oper. Bereits in Leskows Novelle wird in ungeschminkten Worten vom mörderischen Treiben Katerina Ismailowas erzählt, die zuerst ihren Schwiegervater und dann – gemeinsam mit ihrem Liebhaber Sergej – ihren Ehemann umbringt. Am Ende wird sie aber selbst von Sergej fallen gelassen. Regie und Bühne stammen von Immo Karaman, für Choreographie und Kostüme zeichnet Fabian Posca verantwortlich – die beiden brachten in Klagenfurt bereits höchst erfolgreich Die Liebe zu den drei Orangen und A Midsummer Night’s Dream auf die Bühne. Am Pult des KSO steht die estnische Dirigentin Kristiina Poska.
Passend zur Handlung komponiert Schostakowitsch eine Musik, die von Extremen gezeichnet ist: durchsichtiges Kammerspiel steht neben wuchtigen Chören, zerklüftete Partiturabschnitte neben Passagen in strengem Kontrapunkt. Zwischen Groteske und Tragödie erhält Schostakowitschs Katerina eine Dimension, die ihr in Leskows Erzählung abgeht. Umgeben von einem schwachen Ehemann, einem rohen Schwiegervater und chauvinistischen Arbeitern fristet sie ein trostloses Leben auf einem Bauernhof in der russischen Provinz. Diese zerstörerische Umgebung macht ihr Handeln verständlich, sodass sie nicht nur als grausame Mörderin erscheint, sondern auch als eine nach Selbstverwirklichung strebende junge Frau.
Dauer ca. 3 Stunden (inkl. Pause nach dem 2. Akt)
Fotos (c) Arnold Pöschl
Bühne
Premiere: Do, 01.03.2018
Dernière: Sa, 14.04.2018
Podcast Einführung
Termine & Karten
Keine Termine vorhanden.
Besetzung
Musikalische Leitung
Regie und Bühne
Choreographie und Kostüme
Choreinstudierung
Dramaturgie
Boris Timofejewitsch Ismailow
Sinowij Borissowitsch Ismailow
Katerina Ismailowa
Sergej
Axinja / Sonjetka
Der Schäbige
Verwalter / Lehrer
Hausknecht / Sergeant / Wächter
Erster Vorarbeiter
Zweiter Vorarbeiter / Kutscher
Dritter Vorarbeiter
Mühlenarbeiter
Zwangsarbeiterin
Pope / Alter Zwangsarbeiter
Polizeichef
Polizist
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Statisterie des Stadttheaters Klagenfurt
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Chor und Extrachor des Stadttheaters Klagenfurt
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Kärntner Sinfonieorchester
Pressestimmen
EIN OPERNTHRILLER, DER UNTER DIE HAUT GEHT
Sex and Crime, packend und drastisch: Rundum gelungen ist die „Lady Macbeth von Mzensk“ von Dmitri Schostakowitsch am Klagenfurter Stadttheater.
(…) Wie schon bei Prokofjews „Liebe zu den drei Orangen“ (2014) und Brittens „Midsummer Night´s Dream“ (2015) lässt sich der Regisseur, einmal mehr sein eigener Bühnenbildner, auch diesmal von Bildern eines Malers inspirieren: So erinnern manche Szenen frappant an George Grosz, einem Zeitgenossen Schostakowitsch´, dessen Sujets die drastische und provokante Darstellung von Gewalt sowie auch Verspottungen der herrschenden Klasse beinhalten. Also, wie geschaffen für diese Story. Zudem tauchen in den teils tristen, kargen, schnell wechselnden Kulissen immer wieder allegorische Figuren (Kostüme und Choreographie: Fabian Posca) auf: ein Tanzbär, ein Pope wie ein buddhistischer Mönch ausstaffiert, ein Christus mit Gasmaske, ein „Schäbiger“ als Confèrencier in Netzstrümpfen, Polizisten, wie Clowns maskiert und sich lächerlich benehmend. All dies ist mit größter Musikalität punktgenau detail- und ideenreich auf die Partitur inszeniert. Als Theater im Theater konzipiert changiert der Abend zwischen krassem Realismus, Subtilität, ironisierender Satire und Surrealem, wie in der letzten Szene. Ein gespenstischer Thriller, der unter die Haut geht. (…) Großen Anteil am Gelingen hat Kristiina Poska. Die estnische Dirigentin ist ein regelrechter Glücksfall für das Kärntner Sinfonieorchester im noch tiefer gelegten Graben: Denn was sie unseren Musikern bei aller Komplexität und Diffizilität der Partitur herauslockt, ist schlichtweg ein Ereignis: Grelle, schneidende Orchesterfarben mit ausgelagerten Belchbläsern in den Proszeniumslogen, (…) krasse Realistik, subtiles, kammermusikalisches Pathos wechselt mit grotesk-parodistischer Überspitzung und illustrativer Vulgarität. Auch die irreguläre Rhythmik und die brutalen Steigerungen werden expressiv und spannungsgeladen herausgearbeitet. Uneingeschränkt glücklich wird man auch mit dem Sängerensemble: Svetlana Sozdateleva verausgabt sich darstellerisch und stimmlich bis an ihre Grenzen. Sie ist eine ungemein facettenreiche Katerina Ismailowa, von unbefriedigt über lasziv bis exzessiv. Der Arbeiter Sergej wird vom virilen Alexej Kosarev kraftvoll und höhensicher gesungen. Gleb Nikolsky singt den despotischen und erotomanischen Vater Boris mit starker, bösartiger Präsenz und Stimmgewalt. Joshua Owen Mills ist sein schwächlicher Sohn Sinowij mit hellem Tenor. Iris van Wijnen ist in gleich zwei Partien als gequälte Axinja und laszive Sonjetka zu erleben. Auch das übrige Ensemble, bei dem der Polizeichef (Karl Huml), der Pope (Jisang Ryu) und der Schäbige (Marlin Miller) hervorstechen und der Chor des Hauses (Günter Wallner) lassen keine Wünsche offen. Und was diesmal besonders auffällt: Alle sind zudem großartige Darsteller. Großer Jubel! Fazit: Unbedingt anschauen!
„Lady Macbeth von Mzensk“ in Klagenfurt als Opernereignis der Sonderklasse:
AUF DEM SCHLACHTFELD DER GEFÜHLE
Die Musik ist ein Schnitt durch Mark und Bein, ein Höllenritt auf dem Schlachtfeld der Gefühle zwischen Gier und Geilheit, Gewalt und Verrat. Die Musik ist nicht schön. Die Musik ist existenziell! Zur Stadttheater-Premiere befeuert sie „Lady Macbeth von Mzensk“ und hüllt sie in eine kongeniale Inszenierung.
Was für ein großer Wurf ist Regisseur Immo Karaman da gelungen. Wie nahtlos fügen sich Inszenierung und Werk zum atemlosen Gesamtkunstwerk, das dem Aufschrei von Dmitri D. Schostakowitsch jene satirische Schärfe verleiht, die es für seine (leidlich getarnte) Demaskierung der stalinistischen Diktatur bedarf. In Klagenfurt bettet Karaman in der dunklen Bedrohlichkeit seiner Bühne die tragische Geschichte einer unterdrückten Frau, die im Kampf um Selbstbestimmung und Liebe zur Mörderin wird, zwischen Realismus und Surrealismus, die rohe Gewalt und schreiende Geilheit binden. Während kunterbunte fellinianische Gestalten in Fabian Poscas aberwitzigem Kostümmix durch die Abgründe des Herzens und der Seele irrlichtern. Kontraste, die auch Kristiina Poska am KSO-Pult virtuos bedient, um ein urgewaltiges Klanggewitter zu entfachen, das alles und jeden mitreißt. Gesanglich und schauspielerisch grandios das gesamte (!) Ensemble, allen voran „Lady Macbeth“ Svetlana Sozdateleva als heißkalte Liebende Katerina, Alexej Kosarev als ihr berechnender Vollblutmacho Sergej und Gleb Nikolsky als monströser Schwiegervater. Ein Muss!
(…) Mit Schostakowitschs Oper „Lady Macbeth von Mzensk“ wächst das Stadttheater Klagenfurt über sich hinaus.
(…) Musikalisches Zentrum und Herz der in ihrer Wucht wie in ihrer Poesie überwältigenden Aufführung ist die estnische Dirigentin Kristiina Poska. (…) Poska schichtet nicht nur die eruptiven dramatischen Entladungen und die frech-grotesken, parodistisch knallhart zugespitzten Elemente der Partitur bis in die Rangproszeniumslogen mit phänomenaler Um- und Übersicht. Sie schafft auch Raumfür lyrisch-tragische Feinheiten, für die bitteren Einsamkeitsmomente und die unzähligen instrumental „sprechenden“ Soli. Das Kärntner Sinfonieorchester spielt das mit großartiger Spannkraft, ohne je in der Intensität nachzulassen, und auf den Punkt gebrachter, stupender Präzision. Der dichten Sogwirkung dieses Thrillers aus Liebe, Lust und Leidenschaft, Sex, Gewalt und Doppelmord kann man sich nicht entziehen. (…) Das nützen die Protagonisten für scharfe Profilierungen. Die Leuchtkraft, dunkle Glut und singschauspielerische Energie der schon längst an großen Häusern wie Brüssel, Berlin oder München heimischen hochdramatischen Sopranistin Svetlana Sozdateleva geben der Titelrolle der Katerina Ismailowa überwältigende Präsenz gerade in der perfekten Dosierung des vokalen Stroms. Die imposante Bösartigkeit ihres Schwiegervaters Boris ist bei Gleb Nikolsky in bassmächtiger Kehle, für den testosteronprallen, triebgesteuerten Liebhaber Sergej bringt Alexej Kosarev einen leidenschaftlich fokussierten Tenor ein und Iris van Vijnen in der Doppelrolle der vergewaltigten Axinja und der sich prostituierenden Gefangenen Sonjetka ist mit variablen Sopranfarben das doppelte Opfer der Gedemütigten und des Mädchens, das nichts mehr zu verlieren hat. Die brillant gezeichneten kleineren Partien sind zum Teil auch aus dem Chor besetzt, der als Kollektiv mit einer vielschichtigen Meisterleistung aufhorchen lässt. (…) klug, fulminant, packend.
Sinnlicher Opern-Krimi: „Lady Macbeth von Mzensk“ in Klagenfurt
Stadttheater begeistert mit dem dynamischen Kärntner Sinfonieorchester und einer prallen Inszenierung des Schostakowitsch-Werks durch Immo Karaman
Derb erotisch und gewalttätig ist die Geschichte der Mörderin Katarina Ismailowa in Dmitri Schostakowitschs „Lady Macbeth von Mzensk“, die bei der Premiere Donnerstagabend im Stadttheater Klagenfurt nach spannenden drei Stunden bejubelt wurde: wegen der großartigen Leistung des Kärntner Sinfonieorchesters mit Dirigentin Kristiina Poska, starker Stimmen und der detailgenauen Regie von Immo Karaman.
Beinahe sprengt das Mammutaufgebot an Musikern, Chorsängern und Darstellern den Rahmen des überschaubaren Stadttheaters. Da brodelt und wimmelt es auf der Bühne in exakt choreografierten Massenszenen, da sind die vier Proszeniumslogen mit Blechbläsersatz, Schlagwerk und Harfen bestückt, da turnen die Figuren im beweglichen (Dreh-)Bühnenbild rauf und runter. Dass das Ganze nicht chaotisch, sondern prall-bunt und kurzweilig wird, dafür sorgt ein präzises Zusammenspiel zwischen Bühnengeschehen und Orchester, das dem deutschtürkischen Regisseur und der estnischen Dirigentin zu verdanken ist. (…)