Regisseur Peter Lund über den »Urknall« des Genres Operette und Amüsement der Spitzenklasse.
Was ist das Typische an der von Off enbach entwickelten Form der Operette?
Bei Offenbach sind die beiden wichtigsten Ingredienzien der Operette noch ganz pur zu finden: gesellschaftliche Satire und Opernparodie. Er misstraut dem Staat, der öffentlichen Moral und vor allem der Liebe – bleibt dabei aber trotzdem gefühlvoll. Das macht Offenbach so modern.
Die »Öffentliche Meinung« mischt sich in die Eheprobleme von Orpheus und Eurydike ein. Wie geht Offenbach mit Anstand und Ehrgefühl um?
Mit dem gebotenen Misstrauen. Die Erfindung der Öffentlichen Meinung ist eine der genialsten Einfälle der Theatergeschichte. Da müssen wir noch bis Brecht warten, bis wieder ähnlich böse, komische und auf den Punkt gebrachte Gesellschaftskritik gesungen wird.
Orpheus in der Unterwelt ist Ihr Klagenfurt-Debüt. Was reizt Sie persönlich an diesem Werk?
Die Operette ist ja ein Schwerpunkt in meiner Arbeit, und jetzt den »Urknall« des Genres auf die Bühne bringen zu dürfen, ist für mich schon etwas sehr Besonderes. Vom Orpheus erwarten alle Amüsement der Spitzenklasse. Wir werden uns alle Mühe geben, das auch zu liefern!
Gibt es Schwerpunkte in Ihrer Inszenierung?
Mir geht es darum, die Brisanz der Entstehungszeit für heute wieder fühlbar zu machen. Gerade die öffentliche Meinung hat sich in den letzten Jahren geändert, vor allem was das Geschlechterbild angeht. Hier das Werk auf den aktuellen Stand zu bringen, ist unser wichtigster Ansatz.
Sie sind (u. a. mit Wolfgang Böhmer) auch Autor zahlreicher preisgekrönter Musiktheaterwerke. Was möchten Sie mit Ihren Werken bewegen?
Das heutige Musiktheater hat aufgehört, sich mit unserer Realität zu beschäftigen. Da war Verdi mit seiner »Traviata« deutlich weiter. Wir müssen wieder lernen, dem singenden Menschen zu vertrauen und ihn auf die Bühne zu bringen – mit heutigen Themen und mehr Sprengkraft!
Orpheus in der Unterwelt
Premiere: 11.12.2025
Peter Lund, geboren 1965 in Flensburg, lebt und arbeitet seit 1987 als freischaffender Regisseur und Autor in Berlin. Zahlreiche Inszenierungen an deutschsprachigen Stadt- und Staatstheatern, unter anderem Braunschweig, Bremen, Hamburg, Hannover, Basels, Innsbruck, und Wien. Von 1996 bis 2004 Leitungsmitglied der NEUKÖLLNER OPER. Seit 2002 ist Peter Lund Professor am Studiengang Musical/ Show der UdK Berlin. Aktuelle Arbeiten:Axel an der Himmelstür (Beste Regie, Beste Ausstattung, Beste Produktion Österreichischer Musiktheaterpreis 2016) und Die Csardasfürtin an der Wiener Volksoper, Drachenherz an der Oper Chemnitz und Martha an der Oper Graz.