Home Magazin»Einlesen, ja, aber dann freibleiben im Kopf und ganz neue Bilder entstehen lassen…«
16. März 2023

»Einlesen, ja, aber dann freibleiben im Kopf und ganz neue Bilder entstehen lassen…«

Ab 23. März steht mit Der Feuervogel/Carmina Burana nach längerer Zeit wieder ein Abend für Tanztheater auf dem Spielplan. Carl Orff gliederte sein bekanntestes Werk Carmina Burana in drei großen Abschnitte, die sich den Themenkomplexen Frühlings-, Tavernen- und Liebeslieder widmen. Umrahmt wird das ganze von Anrufungen der Glücksgöttin Fortuna, die die Macht über das wechselwolle Schicksal der Menschen hat. Der Feuervogel hingegen ist eine zauberhafte, fast exotische Geschichte von Igor Strawinsky, die anhand der Geschichte des jungen Zarewitsch Iwan den klassischen Kampf zwischen Gut und Böse erzählt. Zwei ganz und gar unterschiedliche Geschichten also, die an einem Abend zur Aufführung kommen. Bindeglieder sind die Musik und der Tanz – bei uns am Stadttheater umgesetzt vom Kärntner Sinfonieorchester, dem Chor und Extrachor des Stadttheaters, der Singakademie Carinthia sowie dem jungen Tanzensemble der Performing Academy Wien.

Im Interview erzählt Choreographin Sabine Arthold, wie sie sich den beiden Werken angenähert hat und wie die Probenzeit bisher für die Tänzer*innen verlaufen ist…

Sabine, Du bist künstlerische Leiterin der Performing Academy Wien und unterrichtest selbst künstlerischen Tanz. Erzähl uns doch bitte, was für eine Schule die Performing Academy ist.
Die Performing Academy Wien ist eine der größten Musicalschulen im deutschsprachigen Raum. Die Ausbildung dauert bei uns drei bis vier Jahre und umfasst die Bereiche Tanz, Gesang und Schauspiel. Dazu kommen noch mehrere Nebenfächer. Die jungen Leute, die hier in Klagenfurt auf der Bühne stehen werden, sind Studierende des ersten bis dritten Jahrgangs, sie sind also mitten in ihrer künstlerischen Ausbildung. Dazu kommen noch zwei Absolvent*innen, die die Solopartien tanzen.

Bühnenprobe mit den Tänzer*innen der Performing Academy Wien

Ist es an Eurer Schule üblich, dass Auszubildende bereits während ihres Studiums an großen Produktionen mitwirken?
In den vergangenen Jahren hatten wir das ein paar Mal, aber wirklich üblich ist es nicht. Das ist diesmal etwas ganz Besonderes und auch eine Auszeichnung. Die Tänzer*innen wissen das auch zu schätzen, sonst würden sie diese Mehrbelastung nicht auf sich nehmen. Der Schulbetrieb läuft ja weitgehend weiter, dazu kommt dann aber in jeder freien Minute und an den Wochenenden zusätzliche Probenarbeit für Feuervogel / Carmina Burana. Da braucht es Begeisterung, Ausdauer und eine große Portion Motivation! Und die war und ist definitiv da, und zwar in so einem Ausmaß, dass ich ab Mitte Januar sogar einen Zwangspausetag pro Woche »verordnen« musste.

Wie lange probt ihr schon?
Im Herbst gab es eine kleine schulinterne Audition für die Produktion, mit der eigentlichen Probenarbeit haben wir Anfang Dezember begonnen.

Und die Endproben finden jetzt hier in Klagenfurt statt?
Genauso ist es, das sind jetzt zweieinhalb sehr intensive Wochen.

Endproben in Kostüm (Fotos: Helge Bauer)

Carmina Burana wurde 1937 in Frankfurt uraufgeführt. Wie bist Du als Choreographin die Arbeit angegangen? Wie choreographiert man ein Werk mit so großer Tradition? Sieht man sich 100 alte Aufnahmen an und entscheidet dann entweder: genau so soll es werden oder: es muss ganz anders werden?
Das hätte in diesem Fall wenig gebracht. Natürlich hab ich mir einzelne Szenen von bereits gezeigten Inszenierungen angesehen. Letztendlich kann einen das aber auch sehr im Denken einschränken. Wenn man fertige Bilder in den Kopf gesetzt bekommt, wird man diese oft nur schwer wieder los. Und schließlich wird es hier ja auch kein klassischer Ballettabend werden. Also: Einlesen und sich in die Musik einarbeiten: ja, natürlich, aber dann frei bleiben im Kopf, vor dem inneren Auge etwas ganz Neues entstehen lassen.

Carl Orff charakterisiert Carmina Burana in seiner Partitur als »weltliche Gesänge für Sänger und Chöre, die mit begleitenden Instrumenten und zu magischen Bildern« gesungen werden. Auch wenn diese Vorgabe nicht dezidiert vom Komponisten selbst stammt, so erfolgt die tänzerische Umsetzung der »magischen Bilder« so gut wie immer durch eine Balletttruppe. Ihr seid aber keine klassischen Balletttänzer*innen, oder?
Nein, das sind die Tänzer*innen der der Performing Academy nicht. Ballett ist zwar Teil ihrer Ausbildung, aber eben nur ein kleiner Teil. Es ist uns wichtig, dass das auch im Vorfeld an das Publikum kommuniziert wird, damit es keine falschen Erwartungen gibt.

Also keine Spitzenschuhe und klassische Ballett-Tutus auf der Bühne?
Es gibt eine kurze Szene, in der eine der Tänzerinnen in Spitzenschuhen tanzt, aber ansonsten, nein. Die Choreographie ist eine Contemporary-Dance-Choreographie. Das ist ein Stil, der viel tänzerischen und gestalterischen Freiraum gibt. Ergänzt wird das Ganze durch Jazz- und Ballett-Elemente. Ein schönes Konglomerat verschiedener Tanzstile also.

Haben sich die Tänzer*innen vor dem Probenbeginn auch inhaltlich mit dem Werk befasst?
Ja, ich habe ihnen die Texte zu lesen gegeben. Und dann haben wir beide Werke kapitelweise erarbeitet. Geholfen hat auch, dass ich – nur für uns – versucht habe, einen »roten Faden« durch die Geschichte zu weben. Das hat sicher im Verständnis und bei der künstlerischen Umsetzung geholfen.

Kannst Du uns schon verraten, wie in etwa die Kostüme aussehen werden?
Bei Carmina Burana werden die Kostüme fließend sein, in warmen Farbschattierungen von Gold bis Rosé gehalten, mit kleinen, aufpeppenden Details. Bei Feuervogel gestalten sie sich je nach Rollenschattierung: Da gibt es klar erkennbare Dämonen, Prinzessinnen mit fließenden Gewändern und Prinzen mit langen Mänteln. Getanzt wird ganz viel mit nackten Füßen bzw. mit sogenannten »Zehen-Pagen«, das sind quasi »halbe« Schuhe, die nur schützend die Zehen umhüllen. Es kommen aber auch Spitzenschuhe und sogar High-Heels zum Einsatz.

Der Feuervogel/Carmina Burana
Orchestersuite von Igor Strawinsky / Weltliche Gesänge von Carl Orff
23.03. bis 25.05.2023

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