Home ProduktionIl canto s’attrista, perché?
Bühne
Termin: Do, 04.02.2021

In italienischer Sprache mit deutschen Übertiteln

Einführung

30 Minuten vor Vorstellungsbeginn im Balkon-Foyer

Il canto s’attrista, perché?

URAUFFÜHRUNG / Oper nach Szenen von Aischylos von Salvatore Sciarrino / Auftragswerk / Koproduktion mit der Oper Wuppertal

Salvatore Sciarrinos neues Werk hätte bereits im März 2020 zur Uraufführung kommen sollen, diese musste aber aufgrund des ersten Lockdowns auf den 04. Februar 2021 verschoben werden. Bedingt durch die anhaltende Infektionslage bleiben die Theater weiterhin geschlossen. Da das bedeutende Werk nicht vor Publikum gezeigt werden konnte, wurde es am 04. Februar 2021, allerdings ausschließlich vor Medienvertretern, uraufgeführt. Der ORF Radiosender Ö1 zeichnete die Generalprobe der Produktion auf und sendete sie am 23. Februar 2021. Intendant Aron Stiehl: „Wir haben alle Hebel in Bewegung gesetzt um die Uraufführung dieser beeindruckenden Oper in Klagenfurt zu realisieren. Die Kooperation mit Ö1, über die wir uns ganz besonders freuen, ermöglicht es uns, dieses Kunstwerk auch in Zeiten von Corona dem Publikum zugänglich zu machen.“

Salvatore Sciarrino ist einer der bedeutendsten Musiktheaterkomponisten der Gegenwart, er schöpft für seine neueste Oper aus den Tragödien des Aischylos. Die musikalische Leitung liegt beim jungen, englisch-deutschen Dirigenten Tim Anderson. Regie führt Nigel Lowery, die Sopranistin Rinnat Moriah und der Bassbariton Otto Katzameier sind als Cassandra und Agamennone zu sehen.

Grundlage des von Sciarrino selbst geschriebenen Librettos ist Agamemnon, der erste Teil der Orestie, in der Aischylos den Übergang von archaischen Sitten wie Blutopfern und Familienfehden zur demokratischen Gesellschaft der attischen Polis beschreibt. Im Zentrum der Handlung steht die furchtbare Rache Klytämnestras an Agamemnon, die ihrem Gatten weder die Opferung ihrer Tochter Iphigenie noch den Ehebruch verzeihen kann. Mit Iphigenie in Aulis und Iphigenie auf Tauris von Christoph Willibald Gluck sowie Elektra von Richard Strauss verfügt die Operngeschichte bereits über eindrucksvolle Werke, die die Geschichte der Töchter Agamemnons und Klytämnestras erzählen. Il canto s’attrista, perché? liefert nun das „missing link“ zwischen den Opern Glucks und Strauss‘, in dem sowohl die betrogene Ehefrau Klytämnestra als auch die Seherin Kassandra zu Wort kommen.

Kompositionsauftrag Stadttheater Klagenfurt / Oper Wuppertal, gefördert durch

Mit freundlicher Unterstützung von Prof. Georg Nemetschek

Bühne
Premiere: Do, 04.02.2021

In italienischer Sprache mit deutschen Übertiteln

Einführung

30 Minuten vor Vorstellungsbeginn im Balkon-Foyer

Pressestimmen

Die Presse

In Klagenfurt muss Klytämnestra Trauer tragen

Uraufführung. An ein aufwühlendes Stück des italienischen Avantgardisten Salvatore Sciarrino hat sich das Stadttheater Klagenfurt gewagt: Die Aufführung von „Il canto s´attrista, perché?“ begeistert durch Düsternis mit Hintersinn.

(…) Auch musikalisch zwingt Sciarrino zu Konzentration, Intellekt wie Emotionen werden gleichermaßen eingefordert. Sprachduktus und Wortverständlichkeit diktieren Tempo und Rhythmus – eine Art Sprechgesang, als ginge von Aischylos´ Versen eine immense Urkraft aus. Wiederholungen von Phrasen oder einzelnen Begriffen setzen Akzente, schaffen Dichte und Spannung. Das Orchester begleitet untermalend im sogenannten (oft strapazierten) freitonalen Raum, die Musik skizziert Stimmungen, sie singt oder stampft, lärmt oder hält lyrisch inne, sie kann wütend und frech sein, aggressiv oder depressiv, Hintersinn ist stets dabei – jedenfalls ist sie in jedem Moment prägnant und aufregend. (…) Alles Schwarz in Schwarz, das angedeutete Bühnenbild und die Kostüme frönen der Farbe des Surrealen. (…) Auf der Bühne (Inszenierung und Ausstattung: Nigel Lowery) verschwimmen Proportionen und Dimensionen. Durch Projektionen, Filter, Zwischenvorhänge vermischen sich die Ebenen. Vergrößerungen inklusive: Pappmaché-Masken oder auch Riesenhände zuerst für Agamennone, der sich ja in Troja die Finger schmutzig gemacht hat, als er Iphigenie den Göttern geopfert hat, später für Clitemestra nach dem Gattenmord. Gegenständlich ist bloß die Kutsche, mit der Agamennone mit seiner neuen Geliebten Cassandra in Argos ankommt. Eine themenentsprechende Inszenierung, die nach Verhinderung des Regisseurs von der Abendspielleiterin und dem Lichtdesigner auf neue Beine gestellt worden ist. Für Überzeugungskraft und bestes Handwerk sorgten ebenso Dirigent Tim Anderson und famose Singschauspieler wie Rinnat Moriah, Iris van Wijnen oder Otto Katzameier. Das Stadttheater Klagenfurt verdient allen Respekt dafür, diese Novität in Zeiten wie diesen herauszubringen. (…) Ein starker Abend, hoffentlich bald vor mehr Zusehern.

Frankfurter Allgemeine Zeitung

Der Koch macht sich einen Kopf

(…) Das italienische Libretto, das Sciarrino selbst auf Basis des ersten Teils von Aischylos´“Orestie“ verfasste, ist von der Handlung her denkbar lakonisch gestaltet und spannt den Bogen von der unmittelbaren Ankunft des siegreichen Agamennone aus dem Trojanischen Krieg bis zu seiner Ermordung durch Clitemestra wenig später. Viel wichtiger sind daher die reflektierenden Monologe einzelner Personen  oder deren Zwiegespräche mit dem das Geschehen kommentierenden und über Lautsprecher übertragenen numinosen Chor (…). Diese Szenen ermöglichen Sciarrino, mit einem psychologischen Ohr die unterschiedlichen Aggregatzustände der menschlichen Seele zu ergründen. (…) allen voran die jugendlich-klangschöne Koloratursopranistin Rinnat Moriah als Cassandra und mit ausdrucksstarker Wärme besonders in der tiefen Lage die Mezzosopranistin Iris van Wijnen als Clitemestra, die beide am meisten in dieser neunzigminütigen Oper zu singen haben. Aber auch das Kärntner Sinfonieorchester, das zeitgenössische Musik nicht im Kernrepertoire hat, lief unter der Leitung von Tim Anderson zur Höchstform auf.

Salzburger Nachrichten

Augen sehen anders als das Herz

Schrecken und Trauer in Schönheit gefasst: Salvatore Sciarrinos neues Musiktheater als „Coronapremiere“ in Klagenfurt.

(…) Das Eigenartige, das sofort und suggestiv Großartige dieses szenischen Vorwurfs aber ist die sublime Schönheit, in die Salvatore Sciarrino die Worte in Musik kleidet. Seinem Stil, der auch hier unmittelbar soghaft zu wirken vermag, bleibt er dabei in jedem Ton, jeder Geste, jeder klanglichen Figur unabdingbar treu. (…) Das Orchester baut das Gerüst, bildet die Fläche, auf der sich die je eigenen (Sprach-)Melodien entfalten. Das Kärntner Sinfonieorchester hat sich die Idiomatik Sciarrinos bewundernswert angeeignet. Tim Anderson dirigiert mit ruhiger Umsicht und Präzision (…). Exzellent auch die traumwandlerisch sichere Solistenbesetzung, an der Spitze Rinnat Moriah, die als Kassandra die vokalartistischen Klettersteige mühe- bis schwerelos bewältigt. Von blutig dunkler Kraft Iris van Wijnen als Klytämnestra, geschmeidig mit tragikomischer Präsenz Tobias Hechler als Wärter, souverän und sciarrinoerfahren Otto Katzameier als Agamemnon. Der kommentierend begleitende Chor singt fabelhaft und madrigalesk aus dem Off. Erwachsene und Kinder bilden den das Volk interpretierenden kleinen Bewegungschor, teils mit pittoresken Schrumpfköpfen. Denn Regisseur und Ausstatter Nigel Lowery zelt auf eine albtraumhaft groteske, dunkle Kräfte beschwörende Horror(Wald)Szenerie. Das Schwarz eines sich drehenden Hauses, dessen Inneres per Video am Ende Mörderisches freigibt, ist magisch David-Lynch-artig beleuchtet, Abstraktes und Konkretes greifen so behutsam wie klar ineinander.

Kleine Zeitung

Verfluchte im Blutrausch

(…) Der Komponist, der seine Libretti selbst einrichtet, ist ein Meister darin, die psychologische Innenwelt mit der Außenwelt zu verschränken, seine Musik stellt nichts dar, sondern versucht, innere Vorgänge nachvollziehbar zu machen. Sciarrino macht gleichsam die Risse in der Welt ausfindig, vergrößert sie und lässt das verborgene Reale hinter den Dingen hervorquellen. Am Ende fallen die schwarzen Mauern von Agamemnons Palast und geben den Blick frei auf ein Schlachthaus: (…). Sciarrinos Genie zeigt sich auch hier: Während seine Dramenkonzeption den Widerspruch eines Innen und Außen auflöst, hat er einen musikalischen Stil entwickelt, der die Barriere zwischen „Natur“ und „Kultur“ verwischt. (…) Das von Tim Anderson dirigierte Kärntner Sinfonieorchester steuert die statische Klangkulisse aus geräuschhaften Partikeln und Motivzellen bei und führt das Ensemble sowie den wunderbaren Chor des Stadttheaters zu einer atmosphärischen, packenden Aufführung, die es wert ist, für die Nachwelt festgehalten zu werden (…).

Kronen Zeitung

(…) Dem Netz gleich, dass Klytämnestra um ihren Ehemann schlingen wird, um ihn zu erdolchen, lässt das KSO unter der Leitung von Tim Anderson ein Klanggewebe durch den dunklen Raum schwelen, das durch punktuelle akustische Verdichtungen die unheilschwangere Spannung durchgehend spürbar werden lässt. In dauerbedrückender Vorahnung der Musik verstärkt Regisseur Nigel Lowery durch schattenhafte Projektionen, durchgängiges Schwarz auf der Bühne und klare Bewegungen das Gefühl, in einem Horrorfilm zu sitzen. „Wächter“ Tobias Hechler stimmt mit vielschichtigem Countertenor in die Düsternis ein, die „Herold“ Davide Giangregorio in klarem Bariton auch mit der Verkündung von Sieg und Ankunft des Königs nicht erhellen kann. (…) Sciarrinos Klang webt sich weiter und steigert im Spiel zwischen präzisen Lautstärken, Pausen und diffizilen Orchestertönen die Spannung, während Günter Wallners Spitzenchor aus der Ferne in leiser, klarer Eindringlichkeit bis zum Schluss nachhallt.

Der Standard

(…) Regisseur und Ausstatter Nigel Lowery hat als gebürtiger Engländer sichtlich einigen Sinn für unheimliche Settings. (…) Dass sich dieser Opernabend aber nicht in Schauerromantik und Geisterbahngruselei erschöpft, dafür sorgt der italienische Mystikspezialist und stolze Autodidakt nicht nur mit seiner speziellen Ästhetik, sondern auch mit einem von ihm selbst frei nach Aischylos verfassten tiefsinnig-poetischen Text. (…) Substanzvoll realisiert wurde auch die vokale Seite der Aufführung: beeindruckend Rinnat Moriah als Kassandra, Iris van Wijnen als Klytämnestra, Tobias Hechler als Wächter, Otto Katzameier als Agamemnon und schließlich Davide Gianregorio als Herold. Salvatore Sciarrino überrascht unentwegt mit subtilen Klangideen. Sie verleihen dem kleinen Ensemble akustisch subtil jene existenzielle Eigenart, die im Zusammenspiel nur tragisch enden kann. Denn die ganze neue Oper (im Auftrag des Klagenfurter Stadttheaters und der Oper Wuppertal entstanden) ist natürlich nicht die Geschichte von Agamemnon und Klytämnestra. Sie ist eine beeindruckende Parabel über das notorische menschliche Scheitern.

Termine & Karten

Keine Termine vorhanden.

Besetzung

Musikalische Leitung
Tim Anderson
Regie, Bühne und Kostüme
Nigel Lowery
Videodesign
Thilo David Heins
Choreinstudierung
Günter Wallner
Dramaturgie
Markus Hänsel
Cassandra
Rinnat Moriah
Clitemestra
Iris van Wijnen
Guardiano
Tobias Hechler
Agamennone
Otto Katzameier
Araldo
Davide Giangregorio
Chorsoli
Larissa Gabshiy
Nadia Petrova
Taras Kuzmych
Mihael Strniša
Spielensemble
Kara Liebhart
Petra Adriana Stietka
Klemens Kogelnig
Stefan Ofner
Kinder-Statisten
Mila Fresacher
Hannah Kessler
Helene Maurer
Franziska Rastl
Kärntner Sinfonieorchester
Chor des Stadttheaters Klagenfurt