Birthday Candles

Beständige Offenheit behält sich „Ernestine“ Wiltrud Schreiner im Wechselspiel zwischen der slapstickartig umhereilenden Familie, die verfliegende Jahre anzeigt, und den Momenten, die bestimmt sind von Geburt, Tod, Scheidung, 107 Goldfischen und später Liebe. Während Markus Thill dem pragmatischen Ehemann mit stoischer Miene Bequemlichkeit attestiert, schenkt Florian Carove locker wie exaltiert dem Jugendfreund chaotische Freundlichkeit, die sich in übertriebener Expressivität erschöpft. Traumhaft patschert und nervös schrill überzeugt Rollenwechslerin Raphaela Möst auch mit heller bis greller Stimme. Spielfreudig schlüpfen Sören Kneidl und Nanett Waidmann in mehrere Charaktere. Exquisit gebaute, gut vorgetragene A Cappella-Arrangements von Johannes Mittl geben dem Stück musikalischen Pep (…).

Regie, Dramaturgie und Bühnenbild haben sich einiges einfallen lassen (…). Sie weiten das Kammerspiel in einen Theaterraum aus, der mit zusätzlichen Seitenlogen als Kulissen und der Einbeziehung des Publikums und des Souffleurs zur Bühne des Lebens wird. Hier spielen sich Ernestines Tragödien im Zeitraffer ab (…). Wiltrud Schreiner als Ernestine merkt man das langsame Altern kaum an. Sie ist die Einzige, die stets im selben mädchenhaften Glitzer-Kleid auftritt. Nur die Stickjacke darüber lässt sie (die anfangs sogar für einen Purzelbaum auf der Bühnen Szenenapplaus erhält), in ihren späteren Jahren gebrechlicher wirken. Florian Carove als ihre Jugendliebe Kenneth altert in Gestik und Mimik hingegen charmant und rührend.

Kuchen und Trubel. Noah Haidles „Birthday Candles“ am Stadttheater Klagenfurt ist beschwingt (…) mit vielen berührenden Momenten. (…) Die in Österreich geborene Regisseurin Schirin Khodadadian, auch in Wien keine Unbekannte, hat sich von Philipp Nicolai die Bühne als deren Verdoppelung einrichten lassen, sodass man im Inneren des Klagenfurter Stadttheaters sitzt und auf der Bühne noch einmal das Innere des Stadttheaters erblickt. Dort findet die Desillusionierung der von Wiltrud Schreiner gespielten Ernestine Ashworth (…) mit einer Vielzahl menschlich berührender Momente statt. (…) In der dankbaren Rolle des jahrzehntelang verschmähten Geliebten, der kurz vor seinem Krebstod doch noch erhört wird, prägt Florian Carobe den Abend schauspielerisch, ebenso wie Wiltrud Schreiner, die der Aufgabe als Identifikationsfigur (…) vollkommen gerecht wird. (…) Nanette Waidmann und Raphaela Möst steuern als Tochter und Schwiegertochter eine gehörige Portion Temperament bei. Das gilt auch für Sören Kneidl als Sohn. Und den untreuen Seitenspringer Matt gibt Marcus Thill ganz zeitgemäß so, dass man ihm schon vorher misstraut.